Bestandsanalyse und Analyse der Aufgabenerfüllung im ÖGD Thüringen
Von Februar bis Juli 2020 erstellte Prof. Behnke unter Mitarbeit von Matthias Zimmermann,M.A., ein Gutachten zur Bestandsanalyse und Aufgabenkritik des öffentlichen Gesundheitsdienstes in Thüringen. Eine Anfrage im Thüringer Landtag im September 2016 hatte das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (TMASGFF) veranlasst, dieses Gutachten in Auftrag zu geben. Insbesondere die Personalsituation sollte in Relation zum Aufgabenbestand dargestellt sowie Empfehlungen für eine Reform erarbeitet werden.
Als Ergebnis der Untersuchung wurden folgende Handlungsempfehlungen formuliert:
1. Zentralisierung wichtiger Kompetenzen im Bereich des Personalmanagements, der Finanzierung und der Organisation des ÖGD sowie von Koordinations- und Service-Leistungen in einer hierfür spezialisierten Behörde auf Landesebene. Um die Sichtbarkeit der Institution zu erhöhen, die Spezialisierung zu ermöglichen und die Vergleichbarkeit mit anderen Bundesländern herzustellen, empfehlen wir die Schaffung eines Landesgesundheitsamtes. Konkret müssten dem Landesgesundheitsamt die folgenden Kompetenzen und Aufgaben übertragen werden:
- Personalwesen (Besoldung, Rekrutierung, Entwicklung;
- IT-Lösungen und Beschaffung;
- Gesundheitsberichterstattung und Gesundheitsplanung;
- Information und Öffentlichkeitsarbeit.
2. Maßnahmen zur Bekämpfung des Personalmangels sollten ergriffen werden, namentlich zur verbesserten Personalgewinnung, zur Steigerung der Attraktivität des ÖGD sowie zur Weiterqualifikation und Motivation des Bestandspersonals. Mögliche Maßnahmen könnten sein:
- Aktualisierung der landesweiten Personalempfehlungen;
- Optimierung der Verwaltungsverfahren bei der Stellenbesetzung;
- Kombinationsmodelle der Tätigkeit im ÖGD und im therapeutischen medizinischen Bereich;
- Angleichung der Gehälter für Ärztinnen und Ärzte im ÖGD an die Arzttarife des Marburger Bundes;
- Verbesserte Öffentlichkeitsarbeit, um die Bekanntheit des ÖGD zu stärken und seine Vorteile ins Bewusstsein zu rücken;
- Gezielter frühzeitiger Kontakt mit Medizinstudierenden im Wege von Informationsveranstaltungen, Praktika/ Famulaturen oder Studienmodulen zum ÖGD im klinischen Teil des Studiums;
- Verbesserung des Ausbildungsangebots für Hygienefachkräfte;
- Aktive Unterstützung von berufsbegleitenden Weiterbildungen.
3. Schaffung einer einheitlichen und zentral verwalteten Dateninfrastruktur (Datenbanklösung, einheitliche Software und kompatible Endgeräte zur Dateneingabe).
4. Erarbeiten eines ÖGD-Gesetzes, das die faktischen und rechtlichen Weiterentwicklungen seit der VO-ÖGD von 1990 aufgreift und die Verbindlichkeit und Klarheit bezüglich der Kompetenzverteilung und des Aufgabenbestandes verbessert.
5. Einrichtung einer Projektorganisation unter Leitung des TMASGFF in Kooperation mit den Gesundheitsämtern, um eine vertiefte Aufgabenkritik durchzuführen.
6. Zentralisierung und Professionalisierung der Gesundheitsberichterstattung und der Gesundheitsplanung. Hierzu ist es nötig, die Jahresberichterstattung so anzupassen, dass sie besser als Informationsgrundlage der Gesundheitsberichterstattung verwendet werden kann; sowie eine zentrale Stelle auf Landesebene einzurichten, die hauptamtlich für die Gesundheitsberichterstattung zuständig ist und Prozesse der Gesundheitsplanung landesweit koordiniert und durchführt.